Das Akkordeon, das „Schifferklavier“, die „Quetsche“, das „Armeleute-Klavier“
Mutig nennt man einen Musiker, der zu einem Auftritt kommt und „nur mit einem Akkordeon“ ausgestattet ist. Viele junge Leute kennen dieses „Ding“ nur vom Opa. Diese Verbindung suggeriert sofort antiquierte Musik. Da gilt es das Gegenteil zu beweisen, was auch immer öfter gelingt.
Ausdruck und Persönlichkeit:
Das Akkordeon ist eines der wenigen Instrumente welches zu gleichen Teilen sehr bestimmend, angriffslustig und sehr melancholisch und einfühlsam sein kann.
Als Spieler hast Du enorme Ausdrucksmöglichkeiten, da Du drei Ebenen zur gleichen Zeit bedienen kannst: den Bass, die Akkorde und den Diskant. Der Nachteil der Akkordseite ist, dass Du enorme Verrenkungen machen musst um nicht immer in rein Dur und Moll zu bleiben.
Dieses Instrument lässt sofort erkennen welcher Typ von Mensch dahinter sitzt. Ein sehr zurückhaltender oder ein nach vorne gehender, impulsiver Mensch. Das hört man sofort, da das Akkordeon jegliche Art von Stimmung sofort überträgt.
Ich selbst habe mich nach jahrelangen Bühnenexzessen mit Keyboardburgen vor mir schon oft selbst herunterreduziert auf das Akkordeon. Das kam dann vor, wenn die Band einen „Unplugged-Gig“ spielen wollte. Spätestens da musste ich mit dem „einen Sound“ bei vielen Stücken meine Spielweise anpassen. Ich habe mich dabei eigentlich immer sehr gut gefühlt.
Leider wird das Akkordeon sehr oft auf die Begleitfunktion wie den typischen alpenländischen Begleitpattern reduziert.
Da dieses Instrument meist „handgestimmt“ wird hat auch jedes Akkordeon einen typischen Sound. Das fällt besonders auf beim Spiel im Diskant. Viele Produzenten, die sich gerne mit Klängen aus der Synthie Abteilung bedienen, haben Ausdrucks- und Farbenreichtum des Akkordeons schätzen gelernt. Diesen persönlichen Ausdruck den Du mit der Bedienung des Luftbalgs erreichen kannst, wirst Du nie mit einem dynamischen Spiel auf einer Synthie Tastatur trotz Modulationshilfen und Aftertouch erreichen. Oft wird aber nur der typische Akkordeonklang in Produktionen eingesetzt, gespielt auf einer Keyboardtastatur was dem geübten Ohr nicht verborgen bleibt. Wenn es dabei rein um den Klang in einer Backing-Spur geht, ist das absolut ok. Wenn es jedoch um eine ausdrucksstarke Melodie geht, sollte man sich das überlegen – es wirkt sonst einfach steril und leblos gespielt.
Was den Akkordeonisten oft auf den Nägeln brennt, ist der Wunsch die Klänge des Akkordeons über Midi zu erweitern, aber nicht zu ersetzen.
Nicht zu vergessen ist der Wunsch das eigene Spiel mit irgendwelchen Arpeggios zu unterlegen und diese harmonisch zu steuern. Die einfachste Form hierbei ist ein „Begleitautomat“ bis hin zu sehr ausgetüftelten „Ableton-Projekten“.